Aktuelles zum Persönlichkeitsrecht

  1. Verletzung des Steuergeheimnisses durch Presseerklärung der Staatsanwaltschaft

    Eine Presseerklärung der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einer Anklageerhebung in einem Steuerstrafverfahren muss grundsätzlich dann als rechtswidrige Verletzung des Steuergeheimnisses erachtet werden, wenn in der Presseerklärung unter namentlicher Bezeichnung des Beschuldigen konkrete Angaben über im Ausland geführte Konten, zur Höhe des angeblich hintergezogenen Betrages und zur Dauer der angeblichen Hinterziehungsdelikte enthalten sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ausnahmsweise ein zwingendes öffentliches Interesse an der Preisgabe dieser mitgeteilten Erkenntnisse im Steuerstrafverfahren besteht.
    (vgl. dazu: VG Saarlouis, AfP 2004, 483)

  2. Zulässigkeit der Veröffentlichung von Luftbildaufnahmen prominenter Feriendomizile

    Von einem Eingriff in die Privatsphäre ist grundsätzlich dann auszugehen, wenn jemand unter Überwindung bestehender Hindernisse oder mit geeigneten Hilfsmitteln (Leiter, Teleobjektiv, Flugdrachen, Hubschrauber usw.) den räumlichen Lebensbereich eines anderen ausspäht.

    Deshalb kann die Veröffentlichung von Luftbildaufnahmen eines Privathauses oder eines Ferienhauses eines Prominenten ohne dessen Zustimmung eine relevante Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen und das Recht auf Selbstbestimmung des Prominenten bei der Offenbarung seine persönlichen Lebensumstände verletzen. Da durch die Veröffentlichung von solchen Fotos in der Regel jedoch nicht der Kernbereich des Persönlichkeitsrechts betroffen ist, kann im Rahmen einer einzustellenden Rechtsgüterabwägung der Pressefreiheit dann der Vorrang eingeräumt werden, wenn bereits in der Vergangenheit mit Zustimmung des Prominenten die betroffenen persönlichen Lebensumstände veröffentlicht wurden.
    (Urt. des BGH vom 09.12.2003)

  3. Zur äußerungsrechtlichen Behandlung einer Frage

    Immer wieder kommt es vor, dass in redaktionellen Beiträgen Äußerungen in eine Frageform gekleidet sind. Die Auslegung eines derartigen Fragesatzes kann ergeben, dass der Fragesatz keine „echte Frage“, sondern vielmehr die unwahre Behauptung einer Tatsache enthält. Entscheidend für die Auslegung eines solchen Fragesatzes ist insbesondere auch der Kontext und die Umstände der Äußerung.
    (vgl. dazu: Urt. des BGH vom 09.12.2003 — Az: IV ZR 38/03)

  4. Zum Wegfall des berechtigten Interesses auf Abdruck einer Gegendarstellung

    Von einem Wegfall des berechtigten Interesses auf Abdruck einer Gegendarstellung ist in aller Regel dann auszugehen, wenn bereits mit einer redaktionellen Richtigstellung oder einem Widerruf die Unrichtigkeit der Erstmitteilung eingeräumt wird und zugleich damit die Ausräumung der Fehlvorstellung hinreichend sichergestellt ist.
    (Urt. des LG Berlin vom 07.10.2003 — Az: 27 O 526/03)

  5. Zur Darlegungslast des Beklagten im Verfahren auf Abdruck eines Widerrufs

    Grundsätzlich muss der betroffene Beklagte die Unwahrheit der Tatsachenbehauptung nachweisen, denn niemand darf verpflichtet werden, in der Form des Widerrufs etwas als unwahr zu bezeichnen, was möglicherweise wahr ist. Allerdings trifft den Äußernden eine Darlegungslast, da der erforderliche Negativbeweis vom betroffenen Beklagten nur dann geführt werden kann, wenn diesem die konkreten Fakten bekannt sind, auf die der Kritiker seinen Vorwurf stützt.
    (Urt. des LG Berlin vom 29.01.2004 — Az: 27 O 695/03)

  6. Zur verfassungsrechtlichen Bewertung von in einem Presseartikel mit Kommentarcharakter enthaltenen Tatsachenbehauptungen

    Auch wenn ein Presseartikel insgesamt als wertender Kommentar zu verstehen ist, schließt das nicht aus, dass ein einzelner Satz einen tatsächlichen Gehalt hat, der im Kommentar zum Gegenstand einer Bewertung gemacht wird.
    (Beschluss des BVerfG vom 27.02.2003 — 1 BvR 1811/97)

  7. Zur Zulässigkeit der Veröffentlichung einer Fotomontage einer bekannten Persönlichkeit

    Ist eine Fotomontage als s des Art. 5 Abs. 1 GG umfasst, ist es nicht statthaft, Einzelteile dieser Fotomontage im Rahmen einer „sezierenden Betrachtung“ gesondert auf ihre Zulässigkeit hin zu untersuchen.
    (Urt. des BGH vom 30.09.2003 — VI ZR 89/02)

  8. Zum Verständnis von mehrdeutigen Äußerungen

    Bei mehreren sich nicht gegenseitig ausschließenden möglichen Deutungen ist diejenige der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen, die dem in Anspruch Genommenen günstiger ist und den Betroffenen weniger beeinträchtigt.
    (Urt. des BGH vom 25.11.2003 — VI ZR 226/02)

  9. Zur Zulässigkeit der Veröffentlichung des Fotos eines Zeugen in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren

    Zeugen in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren können, wenn es sich um ein dem Zeitgeschehen zuzurechnendes Verfahren handelt, dann relative Personen der Zeitgeschichte sein, so dass eine Zulässigkeit der Veröffentlichung des Fotos des Zeugen gegeben ist, wenn sie dabei selbst eine Rolle von zeitgeschichtlicher Bedeutung spielen.
    (Urt. des LG Berlin vom 04.12.2003 — 27 O 704/03)

  10. Erkennbarkeit des Betroffenen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung durch einen Zeitungsartikel

    In der höchstrichterlichen Rechtsprechung war es bislang allgemein anerkannt, dass von einer erforderlichen Erkennbarkeit des Betroffenen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung durch einen Presseartikel dann auszugehen ist, wenn die Person zumindest für einen Teil der Leser- oder Adressatenschaft aufgrund der mitgeteilten Umstände hinreichend erkennbar wird. Bereits nach dieser Rechtsprechung war hierfür die Nennung des Namens, auch in abgekürzter Form, nicht unbedingt erforderlich; es kann bereits die Übermittlung von Teilinformationen genügen, aus denen die Identität für die sachlich interessierte Leserschaft sich ohne weiteres ergibt oder mühelos ermitteln lässt.

    In einem Beschluss des BVerfG vom 14.07.2004 hat nunmehr das BVerfG zur Frage der Erkennbarkeit des Betroffenen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung durch einen Presseartikel ausgeführt, dass es tatsächlich für eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch einen Zeitungsartikel nicht entscheidend sei, ob alle oder ein erheblicher Teil der Leser oder gar die Durchschnittsleser einer Zeitung die gemeinte Person identifizieren können. Es hat ausgeführt, dass das Grundrecht schon dann betroffen sein kann, wenn über die Medien der Zeitung persönlichkeitsrechtsverletzende Informationen an solche Leser geraten, die wegen der im Presseartikel enthaltenen individualisierenden Merkmale wie beispielsweise die Schilderung von Einzelheiten des Lebenslaufs oder die Nennung von Wohnort und Berufstätigkeit aufgrund ihrer sonstigen Kenntnisse (etwa des beruflichen oder persönlichen Umfelds des Betroffenen) in der Lage sind, die Person zu identifizieren, auf die sich der Zeitungsartikel bezieht.
    (BVerfG vom 14.07.2004 — 1 BvR 263/03)

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