Mietrecht
Welche Rechte hat ein Bäckerladen nach Wegzug des Einkaufsmarkts?
RA Dr. Ingo Schmidt
20.7.2007
LG Paderborn, Urteil vom 22.6.2007 — Aktenzeichen: 2 O 49/07
Die Klägerin produziert Backwaren und vertreibt diese über ein
Filialnetz von Bäckereifachgeschäften. Vom Beklagten hat sie
Räumlichkeiten angemietet, die einem Lebensmittelmarkt unmittelbar
vorgelagert waren. Der Bäckerladen einschließlich eines Stehcafés
waren — wie üblich — im Eingangsbereich des Lebensmittelmarktes
platziert. Dabei war der Eingangsbereich so konzipiert, dass Kunden
am Bäckergeschäft vorbeikommen mussten, um in den Markt zu
gelangen.
Der Lebensmittelmarkt zog im Jahre 2006 in ein anderes vom
Beklagten neu errichtetes Gebäude auf dem Nachbargrundstück. Der
Lebensmittelmarkt wurde am Altstandort aufgegeben. Nachdem der
Markt einen Untermieter für den am neuen Standort ebenfalls
vorgesehenen Bäckerladen nicht finden konnte, war die Klägerin
schließlich bereit, die Flächen unterzumieten.
Der Beklagte war allerdings nicht bereit, die Klägerin aus dem
Mietverhältnis über die Räume am Altstandort zu entlassen. Daher
kündigte die Klägerin das Mietverhältnis und erhob
Feststellungsklage.
Im Ergebnis mit Erfolg.
Leitsatz
Dem Bäckerladen stand ein Kündigungsrecht gemäß § 313 Abs. 3 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu.
Entscheidung
Das Landgericht hat ausgeführt, dass zwar die Erwartung eines
Mieters, Gewinne zu erzielen, zum Risikobereich des Mieters gehöre;
aber im vorliegenden Fall habe der Vermietung ein Konzept zugrunde
gelegen, wonach das Bäckereigeschäft an dem Kundenstrom des
Lebensmittelmarktes partizipieren sollte. Der Verkauf frischer
Backwaren stellte — so das Landgericht — eine sinnvolle Ergänzung
des Angebots eines Lebensmittelmarktes dar. Nun hat sich hier auf
Initiative des Vermieters das Mietumfeld geändert — dieser hat auf
seinem Nachbargrundstück ein neues Gebäude errichtet und dieses an
einen Lebensmittelmarkt, und zwar an den gleichen Betreiber vom
alten Standort vermietet; das Risiko einer solchen Änderung dürfe
man nicht dem Mieter aufbürden. Das Landgericht hielt eine
Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr für zumutbar und die
Kündigung für berechtigt.