Bau- und Architektenrecht
Endgültiger K.O. für die Bürgschaft auf erstes Anfordern
RA Dr. Harald Scholz
5.10.2007
BGH, Urteil vom 24.5.2007 — Aktenzeichen: VII ZR 210/06
Leitsatz
In allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers ist eine Regelung unwirksam, die einen Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche vorsieht, der entweder gegen Bürgschaft auf erstes Anfordern ausbezahlt wird, oder der auf Verlangen des Auftragnehmers auf ein Sperrkonto eingezahlt wird.
Sachverhalt
Der Auftraggeber verwendet sinngemäß eine Klausel, die gegenüber
dem früher Üblichen schon deutlich entschärft ist:
Als Sicherheit für die Erfüllung der Gewährleistungsansprüche
werden 5% der Nettoabrechnungssumme für die Dauer des
Gewährleistungszeitraums einbehalten.
Der Sicherheitseinbehalt ist ablösbar durch Bürgschaft auf erstes
Anfordern in gleicher Höhe.
Der Auftragnehmer hat das Recht, die Einzahlung des Einbehalts auf
ein Sperrkonto zu verlagen (vgl. § 17 Nr. 3 VOB/B).
Entscheidung
Die Klausel ist unwirksam!
Die Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers
benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen. Zwar kann er, wenn er
die Einzahlung auf ein Sperrkonto verlangt, den Betrag gegen die
Insolvenz des Auftraggebers absichern und auch Zinsen erhalten. Es
ist aber benachteiligend, dass er den Betrag nur ablösen und sich
Liquidität verschaffen kann, indem er eine „gefährliche“ Bürgschaft
auf erstes Anfordern stellt. Diese birgt die Gefahr, dass die
Liquidität alsbald durch „erstes Anfordern“ wieder abgezogen wird
und bis zur Klärung der Angelegenheit abgezogen bleibt.
Anmerkung:
Das Ergebnis war nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH
vielleicht zu ahnen, aber nicht sicher vorherzusagen. Denn bisher
hatte der BGH zur Begründung seiner Entscheidungen darauf
verwiesen, es sei unzumutbar, den Auftragnehmer mit dem
Insolvenzrisiko zu belasten und den Betrag unverzinst zu lassen. So
liegt es, wenn der Auftragnehmer nur die Wahl zwischen Einbehalt
(=AG hat das Geld) oder Bürgschaft auf erstes Anfordern (=AG
bekommt jederzeit das Geld) hat.
Durch das Sperrkonto lässt sich dieses Problem umgehen. Aber das
reicht dem BGH jetzt nicht mehr. Er hat erkannt, wie wichtig es für
den AN sein kann, den Einbehalt dauerhaft liquide an sich zu ziehen
- gegen eine normale selbstschuldnerische Bürgschaft ohne die
Möglichkeit, Geld auf „erstes Anfordern“ zu erhalten. Mit einer
solchen normalen Bürgschaft ist dem berechtigten
Sicherungsinteresse des AG vollauf genügt, so der BGH.
Die Moral von der Geschicht´: Wer als Auftraggeber in seinen
Bedingungen heute noch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern
verlangt, ist selbst schuld. Er verliert das Recht auf jede
Sicherheitsleistung. Das ist es nicht wert — weg damit!