Bank- und Kapitalanlagerecht
Nachweis der Verzinsung eines zur Verfügung stehenden Geldbetrags
RA Axel Boesenberg
9.7.2012
BGH, Urteil vom 24.4.2012 — Aktenzeichen: XI ZR 360/11
Leitsatz
Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge kann nicht mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass sich ein zur Verfügung stehender Geldbetrag zumindest in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4 % verzinst.
Sachverhalt
Eine Anlegerin nimmt eine beklagte Sparkasse auf Schadensersatz in
Anspruch und macht u. a. geltend, ihr seien auf den investierten
Anlagebetrag entgangene Anlagezinsen zu erstatten. Die Anlegerin
macht einen Mindestschaden in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von
4 % pro Jahr geltend.
Entscheidung
Der BGH hat die Klage in diesem Punkt abgewiesen. Er stellt
zunächst fest, dass der Geschädigte darlegungs- und beweisbelastet
für die Höhe des angeblich entgangenen Anlagezinses ist. Hierfür
ist konkreter Sachvortrag dahingehend erforderlich, dass und in
welche andere, gewinnträchtige Kapitalanlage der Anlagebetrag
investiert worden wäre.
Zudem hat der BGH festgestellt, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der
Dinge nicht mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, dass ein
zur Verfügung stehender Geldbetrag zumindest in Höhe des
gesetzlichen Zinssatzes von 4 % pro Jahr verzinst werden kann. Die
gegenteilige Auffassung, der der BGH eine deutliche Absage erteilt
hat, wurde bislang von einigen Oberlandesgerichten vertreten. Der
BGH führt weiter aus, dass es dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht
entspricht, dass eine Geldanlage überhaupt Gewinn abwirft. Dies
gilt erst Recht für eine Verzinsung von 4 % pro Jahr. Ein
genereller und pauschaler wahrscheinlicher Mindestgewinn kann nicht
angenommen werden.
Fazit:
Der BGH erteilt mit diesem Urteil der vielfach von
„Anlegerschutzkanzleien“ vertretenen Auffassung, ein Mindestzins
von 4 % sei auf jeden Fall zuzusprechen, zumindest aber könne das
Gericht einen etwaigen Schaden selbstständig schätzen, eine klare
Absage. Dies dürfte in Zukunft zur Entlastung von in Anspruch
genommenen Kapitalanlageberatern führen.