Versicherungsrecht
Nachweis eines Einbruchdiebstahls in der Hausratversicherung
RA Norbert Elfert
19.3.2007
BGH, Urteil vom 20.12.2006 — Aktenzeichen: VI ZR 233/05
Behauptet ein Versicherungsnehmer einer Hausratversicherung, ein
Einbrecher sei durch Aufhebeln einer Loggiatür in die versicherte
Wohnung eingedrungen, so gehört es nicht zu den Mindesttatsachen
für das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls, dass der
Versicherungsnehmer darlegt, auf welche Weise der Täter auf die im
ersten Stock des Hauses gelegene Loggia gelangt ist. Der BGH hat
durch sein Urteil vom 20.12.2006 weiter konkretisiert, was der
Versicherungsnehmer einer Hausratversicherung zum Nachweis eines
bedingungsgemäßen Einbruchdiebstahls beweisen muss. Dabei hat der
BGH in Fortführung seiner ständigen Rechtsprechung erneut
bestätigt, dass dem Versicherungsnehmer Beweiserleichterungen in
Fällen eines Einbruchdiebstahls zu Gute kommen. Andernfalls liefe
das Leistungsversprechen des Versicherers weitestgehend ins Leere.
Diese Beweiserleichterungen beruhen auf der Überlegung, dass
typischerweise die Täter eines Einbruchdiebstahls alles daran
setzen, dass die Tat unbeobachtet bleibt und unter Zurücklassung
möglichst weniger Tatspuren begangen wird. Zwingende Folge dieses
Täterverhaltens ist generell, dass im Nachhinein der Tatverlauf
häufig konkret nicht feststellbar ist. Da sich allerdings der
Versicherungsnehmer gerade für solche Fälle schützen will, kann
nicht angenommen werden, dass der Versicherungsschutz schon dann
nicht eintreten soll, wenn der Versicherungsnehmer nicht in der
Lage ist, den Ablauf der Entwendung in Einzelheiten darzulegen und
zu beweisen. Mithin sind diese Beweiserleichterungen, die der BGH
in langjähriger Rechtsprechung entwickelt hat, grundsätzlich als
dem Vertrag innewohnende, materiell-rechtliche Verschiebungen des
Eintrittsrisikos zu Gunsten des Versicherungsnehmers zu
verstehen.
Nach dem BGH genügt der Versicherungsnehmer seiner Beweislast
bereits dann, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen
Entwendung beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der
Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss
auf die behauptete Entwendung zulassen. Dabei gehört zu dem Minimum
an Tatsachen, die das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls
ausmachen, neben der Unauffindbarkeit der zuvor am Tatort
vorhandenen, als gestohlen gemeldeten Sachen, dass – außer in
Fällen eines Nachschlüsseldiebstahls – Einbruchspuren vorhanden
sind. Im konkreten Fall hat der BGH entschieden, dass der dort
betroffenen klagende Versicherungsnehmer diesen Nachweis deswegen
erbracht hat, weil feststand, dass die ordnungsgemäß verschlossene
Wohnung durchwühlt worden war, Spuren für das gewaltsame
Herausreißen ursprünglich an einem Schrankboden verschraubter
Möbeltresore vorhanden waren, und sich darüber hinaus außen an
einer Balkontür zur Loggia Hebelspuren fanden. Ebenso stand fest,
dass zahlreiche zuvor in der Wohnung vorhandene Gegenstände
fehlten. Damit habe der klagende Versicherungsnehmer das äußere
Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung im Sinne der
Hausratversicherung bewiesen.
Der klagende Versicherungsnehmer hatte im konkreten Fall geltend
gemacht, dass mindestens ein unbekannter Täter nachts auf nicht
näher geklärte Weise eine im ersten Stock gelegene, zur Wohnung des
Klägers gehörende Loggia erklommen hatte, dort die zum Schlafzimmer
der Wohnung führende Balkontür aufgehebelt und aus der Wohnung
Bargeld sowie zahlreiche Gegenstände (Notebook, Kameras, Schmuck,
Herrenarmbanduhren) entwendet habe. Die beklagte Versicherung
verweigerte Versicherungsleistungen u.a. mit der Begründung, ein
bedingungsgemäßer Einbruchdiebstahl sei nicht erwiesen.
Insbesondere sei nämlich nicht geklärt, wie der oder die Täter
überhaupt hätten auf die Loggia gelangt sein können. Hierfür gäbe
es keinerlei Tatspuren.
Der BGH stellte in seiner Entscheidung klar, dass diese Bedenken
der Beklagten nicht mehr das „äußere Bild des Einbruchdiebstahls“
betreffen, sondern Details des Geschehensablaufes, die der
Versicherungsnehmer nicht darlegen müsse, weil es sich hierbei
gerade um die für Entwendungsfälle typischen Beweisprobleme
handele, gegen die er durch die oben dargestellte
Beweiserleichterung geschützt werden solle.
Die Bedenken der Beklagten wären mithin nicht entscheidend für die
Frage, ob der Kläger zunächst einmal das äußere Bild eines
versicherten Einbruchdiebstahls im Rahmen der Beweiserleichterungen
bewiesen habe. Allenfalls relevant seien diese bei der weiteren –
nach der Rechtsprechung des BGH – notwendigen Prüfung, ob
Indiztatsachen, zu denen auch diese Einwände der Beklagten gehören
könnten, mit erhebliche Wahrscheinlichkeit auf eine Vortäuschung
des Einbruchs schließen ließen. Für derartige Indiztatsachen sei
indes die beklagte Versicherung darlegungs- und
beweisbelastet.
Im konkreten Einzelfall hat der BGH das vorangegangene
Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zurück an das
Berufungsgericht verwiesen, da insoweit das Berufungsgericht noch
nicht sämtliche tatsächlich relevanten Gesichtspunkte
berücksichtigt hat.
Diese Klarstellung des BGH zur Frage, was ein geschädigter
Versicherungsnehmer im Rahmen des Einbruchdiebstahls beweisen muss,
ist über den Einbruchdiebstahl in der Hausratversicherung hinaus
sicherlich auch relevant insbesondere für Kfz-Diebstähle, infolge
derer Leistungen aus der Kaskoversicherung geltend gemacht werden.
Aufgrund des jetzigen Urteils muss davon ausgegangen werden, dass
auch im Kasko-Diebstahlsfall das äußere Bild der
Fahrzeugentwendung, für das der geschädigte Versicherungsnehmer
beweisbelastet ist
– mit den oben genannten Beweiserleichterungen – schon dann
erbracht ist, wenn der Geschädigte beweist, dass er sein Fahrzeug
zu einem bestimmten Zeitpunkt an einer bestimmten Stelle
verschlossen abgestellt und zu einem anderen Zeitpunkt an dieser
Stelle nicht wieder gefunden hat. Etwaige Fragen zu Einzelheiten
der Fahrzeugentwendung (wie konnten Schließmechanismen überwunden
werden, wie soll dies unbemerkt geschehen sein, etc.) stellen indes
Tatsachen im Zusammenhang mit Einzelheiten der Tatsausführung dar.
Für diese ist allerdings nicht der Versicherungsnehmer mehr
beweisbelastet, sondern vielmehr der in Anspruch genommene
Versicherer, sofern er aufgrund derartiger Tatsachen den Nachweis
dafür erbringen will, dass einer erhebliche Wahrscheinlichkeit für
eine lediglich vorgetäuschte Tat besteht.