Bau- und Architektenrecht
Optischer MangelNeuherstellung oder Minderung?
RA Dr. Ingo Schmidt
27.11.2008
OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2007 — Aktenzeichen: 23 U 164/05
Leitsatz
1. Optisch-gestalterische „Mängel“ sind unter Berücksichtigung der vertraglichen Absprachen unter gebrauchsüblichen Bedingungen zu beurteilen, also normaler Betrachtungsabstand, übliche Beleuchtungsverhältnisse. 2. Kleinflächige Störungen des Fliesenverbandes und Differenzen der Fugenbreiten, die nur bei äußerst genauem Hinsehen erkannt werden können, rechtfertigen nicht den Austausch des Fliesenbelags.
Sachverhalt
Der Fliesenleger sollte in einem Einfamilienhaus Fliesenarbeiten
ausführen. Vertraglich waren konkrete Fugenbreiten vorgesehen.
Ferner war vereinbart, dass der Brand der Fliesen im Erdgeschoss
und Kellergeschoss identisch sein muss. Nach Fertigstellung
verlangten die Bauherren wegen optischer Mängel die komplette
Neuherstellung der Flächen.
Entscheidung
Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass wegen der optischen
Mängel die komplette Neuherstellung nicht in Betracht komme; der
Fliesenleger habe den Einwand der Unverhältnismäßigkeit erheben
können. Der unterschiedliche Fliesenbrand in den jeweiligen
Geschossen sei nicht aufgefallen, es sei denn, man habe konkret
darauf aufmerksam gemacht. Das Oberlandesgericht hat gemeint, dass
zwar abweichend vom Verlegeplan verlegt worden und deshalb der
Fliesenverband gestört gewesen sei; allerdings seien davon
lediglich Nebenräume betroffen gewesen und die Abweichungen
lediglich in bestimmter Position zu sehen gewesen. Andere
Abweichungen seien — so das Gericht — von Möbeln verdeckt gewesen.
Die Bauherren könnten daher nur eine Minderung verlangen.
Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof durch Zurückweisung
der Nichtzulassungsbeschwerde gebilligt.
Verlassen kann man sich auf eine solche Rechtsprechung nicht. Wenn
nämlich explizit vereinbart ist, dass ein Fliesenbrand identisch
sein muss und wenn in einem Fugenplan konkrete Abstände vorgesehen
sind, darf ein Unternehmer solche vertraglichen Vorgaben nicht ohne
weiteres missachten. Denn der Auftraggeber hat nicht das erhalten,
was vertraglich vereinbart war.